Mit Anstehen

Neuer Volkssport – Anstehen vor dem Supermarkt. Kontrollierter Menschenfluss.

Gestern Mittag hatten wir beschlossen, uns in den Kreis der Hamsterkäufer einzureihen. Wir brauchten zwar keinen Hamster, aber wir hatten überlegt, dass es besser wäre einige Vorräte anzulegen, die länger konservierbar wären. Bisher lebte man in Italien auf Kosten der Verkäufer und Verkäuferinnen nämlich recht bequem, da Supermärkte und Shoppingtempel auch an Sonntagen geöffnet waren (vielleicht auch noch sind). Daher haben wir uns nie richtig bevorratet.

Nun lasen wir am Supermarkt um die Ecke, dass er von Freitag bis Sonntag schließen würde. Außerdem munkelt man – man munkelt wirklich viel in diesen Tagen – dass es vielleicht sogar zu einer kompletten Ausgangssperre kommen könnte. In diesem Fall hätte unser Vorratsschrank außer Katzenfutter gestern nicht viel herzugeben gehabt.

Also war Luigi damit beauftragt, im Haus herumzuschleichen, um eine Einkaufsliste zu schreiben, während ich meinen Nachmittagsunterricht per Computer abhielt. Davide wollten wir nicht unter fremde Leute mitnehmen. Daher erfragten wir Asyl bei der Mutter von Davides Kindergartenfreundin Laura, welche bei uns im Haus wohnt. Im Gegenzug versprachen wir, den Einkauf für Lauras Familie mitzuerledigen.

Das war dann auch gut so. Wir standen über eine halbe Stunde bei ungemütlichen Temperaturen in einer Schlange vor dem Discounter, weil immer nur 5 oder 6 Personen eingelassen wurden. Manche von ihnen trugen Masken und einige auch Handschuhe. Dafür war es drinnen natürlich leer und ging an der Kasse recht flott. Aber mit unseren 2 vollgepackten Einkaufswagen kamen wir uns doch schon sehr hamsterkaufig vor, obwohl einer davon gar nicht unserer war. Luigi erinnerte die Situation übrigens an die Zeit der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl. Da gab es offenbar eine ähnliche Panik mit Hamsterbevorratung in Italien.

Ich bin mir nicht sicher, ob alle diese Maßnahmen wirklich helfen oder nur das Gewissen beruhigen. Auf jeden Fall habe ich in der Schlange noch gelernt, dass man sich strafbar macht und sogar einen Eintrag ist Strafregister riskiert, wenn man in diesen Tagen keine „Selbstzertifizierung“ mit sich herumträgt. Das ist ein Schriftstück, welches inzwischen aus dem Internet heruntergeladen werden kann, auf dem man seine Personalien und den Grund angeben muss, aus dem man gerade in der Öffentlichkeit unterwegs ist.

Ich frage mich, ob ich für den Nachbarshund auch eine ausfüllen muss, wenn wir spazieren gehen.

 

 

 

 

13 Gedanken zu „Mit Anstehen

  1. Avatar von kormoranflugkormoranflug

    Vielleicht muss man sich irgendwann für 14 Tage einigeln dann benötigt man einen Grundstock. Klopapier ist bei mir kein Problem – hier gibt es Akten die ich für Kunden 10 Jahre aufbewahren soll. Mit der Schlagschere sind hier aus DINA 4 Blättern schnell 4 Blatt Klopapier gezaubert.

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  2. Avatar von roteweltrotewelt

    Ich war schon erstaunt, wie diszipliniert die Italiener damals das Rauchverbot eingehalten haben – deutlich konsequenter als Franzosen und Deutsche. Kann es sein, dass sie sich besser arrangieren können mit geänderten Umständen?
    Dir und deiner Familie weiterhin alles Gute, Corinna. Meine Region wird womöglich auch zum Risikogebiet erklärt und mir graut davor.

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  3. Avatar von annbarbara1B

    Ich frage mich gerade, ob beim Warten vor dem Supermarkt 2 m Abstand gehalten wird, sonst hat das Theater keinen Sinn. 🙄 liebe Grüße, Barbara

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  4. Avatar von Arno von RosenArno von Rosen

    Guten Morgen liebe Corinna! Eine unheimliche Stimmung in Italien, die ich ebso gestern im TV beobachten konnte. In Deutschland unterschätzen wir gerade die Auswirkungen der Pandemie, so wie vor Wochen Italien und wir werden nicht müde, auf unser tolles Gesundheitssystem hinzuweisen, das es so gar nicht gibt, aber es soll wohl beruhigen. Ich selbst habe immer für 14 Tage Lebensmittel da und kann auch mein Brot selber backen. Viel mehr macht mir eine Ausgangssperre Sorgen, da wir dann nicht mehr mit den Hunden spazieren gehen dürften, aber auch dafür wird es hoffentlich eine Lösung geben, sonst muss der heimische Garten oder der Balkon herhalten, denn ins Tierheim kommen meine Jungs sicher nicht! Bleibt gesund!

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  5. Avatar von CorinnaCorinna Autor

    Eine komplette Ausgangssperre halte ich für übertrieben. Es ist klar, dass man nicht mit anderen in Kontakt kommen sollte. Aber das haben wir bisher auf Spaziergängen mit dem Nachbarshund leicht vermeiden können, weil außer uns nur Jogger unterwegs waren. Allerdings wohnen wir auch am Stadtrand und Süditaliener sind eher keine Spaziergänger.

    Ich hoffe auch für meine Familie, dass es in Deutschland nicht so schlimm kommt wie hier. Schweren Herzens haben wir gestern beschlossen, uns in diesem Jahr weder hier noch dort zu treffen und alle Reisen zu vermeiden. 😦

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  6. Avatar von FriederikeFriederike

    Vor 2 Tagen war ich noch ziemlich bestürzt über die Situation bei euch, wie du sie beschreibst. Mittlerweile sehe ich das bei uns in Ö auch so kommen… Veranstaltungen abgesagt, Museen zu, Unis haben ihren Lehrbetrieb eingefroren bzw. sollen auf online umstellen, Schulen schließen demnächst, Geschäfte sind NOCH normal offen… wie werden sehen und ich werde auf viel Homeoffice umstellen…
    lg

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