Die Italiener beschenken sich gerne. Das habe ich daraus abgeleitet, dass sie nicht nur Geburtstage, sondern auch Namenstage feiern. Aber bei offiziellen Anlässen wie Hochzeiten, Geburten, Taufen u.s.w. beschenkt man nicht nur die Gefeierten, sondern es werden auch die Gäste mit einer Kleinigkeit zur Erinnerung an das denkwürdige Ereignis bedacht. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, heißt es, und hier nennt man diese Kleinigkeit „Bonboniere“, abgeleitet vom Wort für ein Aufbewahrungsbehältnis von Süßigkeiten.
Bonboniere-Läden gibt es in Bari und Umgebung zuhauf. Ich hielt sie früher, in meiner Zeit als Touristin in Apulien, für Geschenkeläden, in denen man garantiert ein Mitbringsel für alte Omas oder Tanten findet. Darin verkauft man nämlich mehr oder weniger sinnvolle Objekte wie Vasen, Tellerchen, Schüsselchen, Schmuckkästchen, sowie Nippes aus Glas, Keramik oder Porzellan und dergleichen mehr. In den italienischen Haushalten sieht man folgerichtig überall Bonboniere in Vitrinen oder auf kleinen Tischchen einstauben. Bewundernswert, wie Luigis Mama Maria all diese winzigen Erinnerungsstücke noch halbwegs präzise zuordnen kann. Als die ökonomische Situation in Italien noch entspannter war, waren auch die Bonboniere noch wertmäßig auf den Verwandtschaftsgrad abgestimmt, d.h. die nähere Verwandtschaft bekam etwas Wertvolleres als die fernere oder gar Freunde.
Gemein ist der Bonboniere jeglichen Wertes jedoch, dass dem eigentlichen Geschenk noch ein Säckchen mit Süßigkeiten anhängt. Meistens sind das von Schokolade umhüllte Mandeln mit einer Zuckerkruste; ähnlich den m&m’s. Wir haben uns für eine Variante mit gerösteten Haselnüssen entschieden. Natürlich in blau, denn bei uns ist ein Junge geboren.
Wir sind mit unserem Anliegen auch in keinen Bonboniere-Laden gegangen. Marias Nachbarin Elia, die bei der Nachricht von meiner Schwangerschaft förmlich ausflippte und sich jedes Mal, wenn sie meiner angesichts wurde, mit Quietschtönen auf meinen sich rundenden Bauch stürzte, wollte uns unbedingt die Bonboniere zusammenpuzzeln und drängelte bereits seit März, dass wir die entsprechenden Komponenten kaufen sollten.
Anfang Juni fuhren wir endlich in einen Großhandelsladen und besorgten alles Notwendige: die Haselnuss-Schokoladen-Kugeln, blauen Tüll in Kreisform, Schleifenband und Kühlschrankmagneten aus Holz, die gleichzeitig eine Klammer sind, mit der man zum Beispiel eine Einkaufsliste oder Notizen anklammern kann. Wenn schon, dann sollte es wenigsten eine halbwegs nützliche Kleinigkeit sein. Fehlen durfte natürlich auch nicht der entsprechende Bonboniere-Präsentkorb, denn irgendwo müssen die so entstandenen ca. 70 Geschenkwölkchen bis zur Verteilung möglichst formschön aufbewahrt werden.
Wenn also nun Verwandte und Freunde zu uns kommen, um Davide zu sehen, dann schleppen sie nicht nur Geschenke für ihn an, sondern nehmen auch immer eine Bonboniere mit nach Hause.
