Während italienische und ausländische Touristen im Juli und August die Strände Süditaliens überschwemmen, gutverdienende einheimische Familie komplett in eine gemietetes oder im Familienbesitz befindliches Sommerhäuschen in Strandnähe umziehen und mehr Menschen als Fische im Wasser planschen, entspannt sich die Situation gegen Anfang September merklich. Die Italiener zelebrieren ihren „rientro“ (die Rückkehr) als wären sie monatelang und nicht nur die letzen zwei oder drei Augustwochen von zu Hause fortgewesen.
Man putzt exzessiv die Stadtwohnung, mottet die Badesachen und Strandrequisiten ein und trifft sich mit Freunden und Nachbarn auf der Straße oder in der Bar des Vertrauens, die nun wieder geöffnet hat, um die Urlaubserlebnisse auszutauschen. Die Strände werden hingegen den Anwohnern und den wenigen Nachsaisontouristen überlassen.

Das ist der Moment, in dem wir uns ans Wasser aufmachen. Von Anfang bis Mitte September genießt man noch alle Annehmlichkeiten eines Badeortes wie den Liegestuhl- und Sonnenschirmverleih, das Frühstück oder den Snack in der Strandbar, sowie das Abendessen in einem Restaurant mit Meerblick ohne Schlangestehen oder Voranmelung. In den ersten Jahren haben wir in solchen Momenten die Strände im Salento oder auf dem Gargano unsicher gemacht. In den letzten Jahren hat es uns auf die andere Seite des Stiefels an die ionische Küste verschlagen.In der Nähe Tarantos befindet man sich da noch in Apulien und nur wenige Kilometer südwestlich ist man nach eineinhalb Autostunden von Bari schon an den Stränden der Basilikata.
Metaponto stand schon lange auf unserer Liste, weil eine Arbeitskollegin jedes Jahr im August in einen Wohnwagen an einem Strand von Metaponto auswandert, ihre Kinder und Enkelkinder dort großgezogen hat und auch sonst überzeugt davon ist, dass es sich um den schönsten Strand Italiens handele. Da man mich nur mit einem Strand jedoch nicht locken kann, musste ich mich erstmal informieren, was es da außer Wasser noch zu sehen gibt. Deshalb wussten wir aus dem Internet schon von einem griechischen Tempel, einem Museum und einer Ausgrabungsstelle. Das genügte eigentlich schon für einen zwei- oder dreitägigen Badeurlaub.
Vom fünten bis achten September war es auch kein Problem, eine Übernachtungs- möglichkeit direkt an der Strandpromenade zu bekommen, wo man in der Hochsaison gerantiert kein Auge zukriegt, aber im September gemütlich logiert, das Wasser direkt vor der Haustür. So konnten wir auch dieses Mal schon um 8 Uhr im Wasser sein, nach dem ersten Bad im Meer in der Strandbar Cappucino trinken und Croissants essen. Nach anfänglichem Erstaunen seitens des Personals bekam mein Kind sogar einen Hotdog zum Frühstück. Ich glaube, die wundern sich eigentlich über gar nichts.

Was ich jedoch bemerkenswert fand, war, dass dieses Lido sogar für motorisch eingeschränkte Besucher bestens ausgerüstest war. So gab es mehrere robust anmutende Rollstühle und eine Art Liege mit Rädern, mit denen sie ins Wasser gefahren werden konnten. Ein sportlicher Lidomitarbeiter ging den Begleitern dabei und auch beim Umsetzen auf das wassertaugliche Hilfsmittel ganz selbstverständlich zur Hand. Das fand ich toll!
Und natürlich muss man hier auch die Wasserqualität loben. Bei unbewegtem Meer am Morgen war das Wasser kristallklar, sogar so klar, dass ein älterer Herr mit bloßen Händen riesige Quallen an Land jagen und auf den Strand befördern konnte. „Probieren Sie das nicht selbst!“ wies er mich unnötigerweise an, während ich ihn dabei fotografierte.
Dieser Aufforderung hätte es gar nicht bedurft, denn eigentlich taten mir die armen Tiere leid. Ich sah sie mir lieber im Wasser an, wie sie so durchsichtig dahintrieben, als wären sie nicht von dieser Welt. Mein lieber Mann hielt mir später einen Vortrag darüber, dass man bei Kontakt mit diesen Quallen auch leicht mal den Badeurlaub im Krankenhaus statt am Strand verbringen kann, und ging dann selbstverständlich nicht mehr ins Wasser. Aber am Nachmittag wühlten immer relativ hohe Wellen das Meer auf, weshalb die Quallen vielleicht eher weiter draußen unterwegs waren. Am Morgen jedoch schwamm jeden Tag eine vor unserem Strand herum, was ihr schlecht bekam (siehe oben), weil sie wirklich auch weithin zu sehen waren.






Was soll’s! Man hat nur einmal Sommerurlaub im Jahr. Und so badeten mein Kind und ich unverdrossen des Morgens, am späten Nachmittag und am ersten Tag im freudvollen Überschwang wegen des tollen Urlaubs gleich noch mal am Ende eines Strandspaziergangs nach dem Abendessen, was man ohne Probleme auch schon um sieben Uhr vorgesetzt bekam. Während des Tags waren wir dann touristisch unterwegs und besuchten den Tempel, eine Ausgrabungsstelle, die leider geschlossen war, das Fabrikmuseum der bekannten Likörmarke „Amaro Lucano“, sowie die nahegelegenen Orte Bernalda, Pisticci und dann noch Policoro, wo wir von einem tollen Museum überrascht wurden.
Am Morgen des Abreisetages hatten wir nicht einmal mehr die Energie, noch einmal ins Wasser zu springen. Irgendwie konnten wir die „Rientro“euphorie plötzlich nachvollziehen. Wofür Andere drei Wochen brauchen, genügten uns drei Tage: Die Sehenswürdigkeiten abgeklappert, die Urlaubslektüre ausgelesen, keine Lust mehr auf die zigste Sandburg, Kultur und klares Wasser. Deshalb Schluss mit dem Laissez faire und ab nach Hause! Doch sowohl als Urlaubstipp für euch als auch zur Unterstütztung unseres eigenen Gedächtnisses berichte ich heute und in den folgenden Wochen von unseren Eindrücken aus Metaponto nebst Umgebung.
Bis bald und frohe Weihnachten!



