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Recycling-Kunst zur Stadtverschönerung

Eigentlich kann man über Forenza in Basilikata gar nicht so viel sagen. Mit nur 1700 Einwohnern ist es bloß eine weitere kleine Stadt auf einem lukanischen Hügel. Horaz und Plinus d.Ä. erwähnten sie als Fiorentium, aber meinten vor 2000 Jahren damit noch die ursprüngliche Stadt, welche sich auf einem anderen Hügel befunden hatte (Quelle: Wikipedia).

Wir hegten also keine großen Erwartungen an Forenza. Ja, eigentlich hatten wir die Stadt nur in unseren Reiseplan eingeschlossen, weil wir gehört hatten, dass sie dort einen besonderen Weg des Recyclings betrieben, der darin bestand, „den Müll“ nicht verschwinden zu lassen, sondern ihn im Gegenteil in Form von Mosaiken als besondere Attraktion ins Stadtbild aufzunehmen. Das hatte uns neugierig gemacht und ließ uns trotz der erbärmlichen Straßen, deren rechte Fahrspuren hin und wieder abgebrochen und damit nicht befahrbar waren, aus der Vulture Region bis nach Forenza im Bezirk Potenza durchhalten.

Als wir dann in dem Ort angekommen waren, suchten wir den Weg hinauf ins historische Zentrum und parkten fast direkt an einem Aussichtspunkt, der einen weiten Blick über eine Ebene bis hin zum unvermeidlichen Monte Vulture bot. Von dort aus gelangte man mit nur wenigen Schritten zum zentralen Platz, an dem sich eine Touristeninformation befand. Dort händigte uns eine erfreute Mitarbeiterin des „Pro Loco“ einen Altstadtplan aus, auf dem alle Standorte der „Mosaike“ eingezeichnet waren und wies uns auch gleich den Weg zum ersten. Tatsächlich begeisterte uns ein mit Spiegeln und kaputtem Geschirr ausgekleideter Torbogen schon sehr. Die Idee alte Scherben zur bunten Verschönerung von Häuserfassaden zu benutzen war für uns bisher einzigartig. Die Begeisterung wuchs im Folgenden beständig an, denn der Künstler „Mario Brienza“, von Berufs wegen eigentlich Fotograf, hatte sich nicht nur an Wänden, sondern auch an Treppen, entlang der Wege, auf Dächern und in engsten Gassen kreativ ausgetobt. Und was fanden wir da nicht alles außer alten Spiegeln?! – Tassen, Kannen, Teller, Verschlüsse, Knöpfe, Sägeblätter… alles, was eine interessante Form hatte, sowie bunt und haltbar war, hatte er hier zu Straßenkunst verarbeitet.


Und während wir durch die Gassen pirschten, um alle auf der Karte eingetragenen Mosaike zu finden, stießen wir auch auf andere Suchende wie uns, mit denen sich schnell ein offensichtlicher Gesprächsstoff ergab. Vor einer geöffneten Tür stand dann ein Herr, der uns freundlich darauf hinwies, dass es sich hierbei um ein kleines Heimatmuseum namens „Casa del Contadino“ handele, indem man sich anschauen könne, wie die Einwohner Forenzas noch in unserer Großelterngeneration gewohnt haben.

Erst nach dem Besuch der kleinen, dunklen Wohnung, in der eine weitere Mitarbeiterin des Pro Loco mit den Interessierten plauschte und die darin ausgestellten Objekte des täglichen Lebens erklärte, stellte sich in einem Folgegespräch auf der Straße heraus, dass es sich bei dem Museumsbesuche motivierenden Mann um Forenzas Bürgermeister Francesco Mastrandrea handelte, der sich persönlich an der wachsenden Touristenschar in seinem schmucken Ort erfreute. Das nenne ich Einsatz, besonders da es sich bei unserem Besuchstag um einen Feiertag handelte!

Auf dem Rückweg zum Auto fielen uns auch die Fotos an den Häuserwänden auf, die Szenen aus der Vergangenheit der Stadt zeigten. An dieser Stelle fühlten wir uns ein wenig an die Fotos in der Auswanderer-Ausstellung in Castelpesole erinnert.

Schließlich sahen wir noch in einen Kellern hinein, der schon zuvor mit seiner steil abfallenden Treppe und einer verlockenden Kühle unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Dort lagerten im isolierenden Felsen zahlreiche Weinfässer und ein junger Mann lud uns zu einer Verkostung von Weinen aus seinem Familienbetrieb ein. Da ließen wir uns nicht lange bitten, denn das war das eigentliche Ziel des findigen Bürgermeisters gewesen, als er das Street-art-Projekt und das kleine Heimatmuseu angeregt hatte: Er wollte Leute in die Stadt locken, damit sie die lokalen Produzenten sowie ansässige Cafés und Restaurants mit ihrem Urlaubsgeld unterstützten. Das machten wir dann natürlich gern, denn wir lieben es ohnehin uns ein Stück Urlaub mit nach Hause zu nehmen. In diesem Sinne: Prost Recycling-Kunst! Falls ihr zwischen Bari und Rimini unterwegs seid, dann macht ruhig in Forenza Halt und lasst euch inspirieren!